Der Orientierungslauf ist ein Ausdauersport mit einer großen mentalen Komponente. Es gibt keine markierte Route – der/die OrientierungsläuferIn muss mit Hilfe von Karte und Kompass während dem Laufen selbst navigieren. Dabei muss er/sie Posten in einer vorgegebenen Reihenfolge anlaufen.
Die Karte enthält detaillierte Informationen über das Gelände wie Hügel, Untergrund, Hindernisse, etc. Um beim Orientierungslauf erfolgreich zu sein, benötigt der/die AthletIn exzellente Kartenlesefähigkeiten, absolute Konzentration und die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen für die beste Route zu finden – und das alles während des Laufens mit hohem Tempo über raues Gelände.
Die Orientierungslaufkarte
Die Karte ist das wichtigste Hilfsmittel des/der OrientierungsläuferIn. Diese Spezialkarte unterscheidet sich zu Wander- und anderen Karten vor allem im größeren Maßstab und im Detailgrad. So werden alle markanten Objekte im Gelände wie etwa Steine, Felsen, Kuppen, Futterkrippen, Hochstände, Wasserlöcher und viel mehr auf der Karte mit verschiedensten Symbolen dargestellt. Kartenbeispiele:
Die Kartensignaturen werden durch verschiedene Normen festgelegt.
Die OL-Bahn
Ein normaler Linien-OL besteht aus einem Start, der auf der Karte mit einem Dreieck eingezeichnet ist, mehreren nummerierten Posten (Kreis) und einem Ziel (Doppelkreis), wobei alle Symbole mit Linien verbunden sind. Beispielbahnen:
Bei anderen Bahnarten wie zum Beispiel beim Score-OL (es müssen so viele Posten wie möglich innerhalb eines Zeitlimits in beliebiger Reihenfolge angelaufen werden) oder Korridor-OL (Teile der Karte und Bahn werden ausgeblendet) können die Symbole variieren.
Die Postenbeschreibung
Die Postenbeschreibung definiert die genaue Lage jedes Postens im Gelände. Im Normalfall werden dafür standardisierte Symbole verwendet, für manche Zielgruppen (z.B. Anfänger oder Kinder) gibt es auch textuelle Beschreibungen. Beispiele:
Die Postenbeschreibung kann sich sowohl auf der Karte selbst befinden, als auch zusätzlich erhältlich sein.
Die Ausrüstung
Kompass
Zu einem der wichtigsten Ausrüstungsgegenstände gehört der Kompass. Es gibt eine Reihe hochentwickelter Kompasse zur Auswahl, die sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen lassen: Plattenkompasse und Daumenkompasse.
Schuhe
Die richtige Schuhwahl ist vom Geländetyp abhängig. Während für einen Orientierungslauf im urbanen Gebiet meist normale Straßenlaufschuhe genügen, wählt man im ruppigen Gelände eher speziell für den Orientierungslauf entwickelte Schuhe mit einem guten Profil und Spikes.
Kleidung
Der Orientierungslaufanzug ist leicht und reißfest, trocknet schnell und bietet zugleich höchste Beweglichkeit.
Postenbeschreibungshalterung
Ist die Postenbeschreibung extra erhältlich, kann diese mit einer Halterung, die am Unterarm angebracht wird, mit sich getragen und somit während des Laufens einfach gelesen werden.
Kontrolleinrichtungen & Zeitnahme
Damit sichergestellt werden kann, dass jede(r) LäuferIn die Posten in der richtigen Reihenfolge angelaufen ist, und um die Laufzeiten zu messen, werden elektronische Systeme verwendet. In Österreich wird dazu SPORTident (kurz „SI“) (https://www.sportident.com/) verwendet.
Der/Die WettkämpferIn verwendet einen am Finger befestigten Chip (SI-Chip), um bei jedem Posten eine elektronische Einheit (SI-Station) zu stempeln. Bei jedem Stempelvorgang werden Kontrollnummer und Zeit am Chip gespeichert. Nach dem Lauf werden die Daten vom Chip ausgelesen, um zu kontrollieren, ob alle Posten korrekt angelaufen wurden.
Laufanalyse
Durch die am Chip gespeicherten Zeiten können sowohl die gesamte Laufzeit, als auch die einzelnen Zeiten zu jedem Posten (sogenannte Zwischenzeiten) berechnet und anschließend mit unterschiedlichster Software analysiert und ausgewertet werden.
Noch detailliertere Analysen ermöglichen GPS- und Videoaufzeichnungen, da sich damit nicht nur Zeiten, sondern auch Routen analysieren lassen. Jedoch dürfen entsprechende Geräte nur innerhalb der vorgegebenen Regeln verwendet werden.
Orientierungssportformen
Fuß-Orientierungslauf
Die bekannteste Form des Orientierungssports ist der Orientierungslauf, bei dem sich der/die AthletIn ausschließlich zu Fuß fortbewegt.
Der Orientierungslauf ist seit 1977 als olympische Sportart anerkannt, wird aber nicht bei den Olympischen Spielen ausgetragen.
Ski Orienteering
Die Basis beim Ski Orienteering ist das Langlaufen. Die Karte wird dabei in einem auf der Brust befestigten Kartengestell mitgeführt, sodass die Hände zum Halten der Stöcke freibleiben.
Zu den normalen Langlaufloipen werden noch viele zusätzliche kleinere Loipen gespurt, sodass sich ein dichtes Loipennetz ergibt. Trotzdem dürfen sich die WettkämpferInnen auch querfeldein fortbewegen.
Zwar ist die orientierungstechnische Komponente beim Ski-OL einfacher, durch die höhere Geschwindigkeit ist aber trotzdem schnelles Kartenlesen und Finden von Routen sehr wichtig. Die Karte beim Ski Orienteering unterscheidet sich von der Fuß-OL-Karte hauptsächlich durch die in grün eingezeichneten Loipen.
Mountainbike Orienteering
Beim Mountainbike Orienteering bewegt sich der/die WettkämpferIn – wie der Name schon sagt – mit dem Mountainbike fort. Die Karte wird dabei in einem auf dem Lenker montierten Kartengestell mitgeführt.
Im Unterschied zum Fuß-Orientierungslauf und Ski Orienteering dürfen beim Mountainbike Orienteering die Wege nicht verlassen werden. Daher unterscheidet sich die Karte auch darin, dass Wege anders klassifiziert werden und Details abseits der Wege weniger Bedeutung finden.
Disziplinen
Laufzeiten & Distanzen
Prinzipiell werden die Disziplinen in Lauf- bzw. Siegerzeiten unterteilt, da diese sehr von der Geländebeschaffenheit abhängig sind. So werden zum Beispiel im flachen, urbanen Gelände höhere Geschwindigkeiten gelaufen als im steilen Wald mit ruppigem Boden. Weiters gibt es altersabhängige Unterschiede.
Sprintdistanz
Siegerzeit zwischen 12 und 15 Minuten.
Mitteldistanz
Siegerzeit zwischen 25 (Jugend und Senioren) und 35 (Elite) Minuten.
Langdistanz
Siegerzeit zwischen 45 (Jugend und Senioren) und 90 (Elite) Minuten.
Teambewerbe
Teambewerbe beim Orientierungslauf umfassen den Staffel- und den Mannschafts-OL.
Beim Staffel-OL laufen mehere Mitglieder eines Teams hintereinander, für die Wertung werden die Zeiten der Mitglieder addiert. Dabei wird meist im Massenstartverfahren (alle Teams starten zugleich) gestartet und ein spezielles Bahngabelungssystem angewendet.
Beim Mannschafts-OL bewältigen alle Teammitglieder die OL-Bahn zugleich, wobei nicht alle Posten von jedem Mitglied angelaufen werden müssen. Dadurch ergeben sich verschiedenste Strategien, wie die Teams die Strecken untereinander aufteilen.
Sonderformen
Eine Reihe von Sonderformen bringen Abwechslung in den Orientierungslauf. Diese finden aber meist nur bei Trainings oder Trainingswettkämpfen Anwendung. Beispiele:
Score-OL
Beim Score-OL ist die Postenreihenfolge nicht vorgegeben, stattdessen gibt es ein Postennetz, wobei jeder Posten abhängig von der Entfernung unterschiedlich viel Punkte hat. Die LäuferInnen müssen innerhalb eines vorgegebenen Zeitlimits so viele Posten wie möglich anlaufen. Bei Überschreitung des Zeitlimits gibt es Punkteabzüge.
Postennetz-OL
Wie beim Score-OL gibt es ein Postennetz, allerdings kein Zeitlimit. Es müssen alle Posten angelaufen werden, am Ende zählt die schnellste Zeit.
Nacht-OL
Beim Nacht-OL wird in der Dunkelheit mit Stirnlampe gelaufen. Dadurch wird die Schwierigkeit beim Orientieren deutlich erhöht, da die Sicht stark eingeschränkt wird.
Der Wettkampf
Vor dem Wettkampftag
Bei den meisten Orientierungslaufwettkämpfen ist eine Voranmeldung erforderlich. Die Termine von Veranstaltungen in Österreich findet man auf der Website des ÖFOL (Österreichischer Fachverband für Orientierungslauf) und international auf verschiedenen Websiten wie orienteeringonline.net, worldofo.com oder eventor.orienteering.org. Zu jedem Wettkampf gibt es eine Ausschreibung, die alle wichtigen Informationen des Wettkampfes wie Anmeldegebühren, Datum, Ort und mehr enthält.
Eine Besonderheit bei Orientierungslaufwettkämpfen ist, dass es alters- und geschlechtsabhängige Bahnen und dementsprechend auch Kategorien gibt, daher muss bei der Anmeldung bereits eine Kategorie gewählt werden. Für die Wahl der Kategorie gibt es definierte Regeln.
Ein paar Tage vor dem Wettkampf werden auf der Website der Veranstaltung für gewöhnlich weitere Informationen sowie die Startliste veröffentlicht.
Am Wettkampftag
Da meist im Einzelstartverfahren gestartet wird, ist es wichtig, die eigene Startzeit zu kennen und sich am Wettkampftag rechtzeitig am Treffpunkt einzufinden. Dabei sind auch die unterschiedlichen Wegstrecken (Weg zum Wettkampfzentrum, Weg zum Start) zu berücksichtigen.
Bei manchen Wettkämpfen erhält jede(r) TeilnehmerIn eine Startnummer, die beim Wettkampfzentrum abgeholt und während des Wettkampfes sichtbar getragen werden muss.
Vor dem Start sollte man nicht auf die Postenbeschreibung – sofern vorhanden – vergessen. Diese ist entweder direkt beim Wettkampfzentrum oder im Bereich des Starts erhältlich.
Bei der Anzeige der eigenen Startzeit betritt man mit SI-Chip und Kompass ausgestattet den Vorstart (meist 3 Minuten vorher). In der Zeit bis zum tatsächlichen Start wird der SI-Chip gelöscht und überprüft. Erst beim Ertönen des Startsignals wird die Karte aufgenommen und der Wettkampf beginnt.
Im Ziel wird der SI-Chip ausgelesen. Zur Kontrolle und Analyse erhält man einen Papierstreifen mit der eigenen Laufzeit und den Zwischenzeiten.
Nach dem Wettkampf
Ist der Wettkampf abgeschlossen, werden die Ergebnisse mit den Zeiten aller TeilnehmerInnen im Internet veröffentlicht, für gewöhnlich sind diese auf der Website der Veranstaltung zu finden.
Regeln & Normen
Wettkampfregeln
Wie bei jeder anderen Sportart gibt es auch beim Orientierungslauf internationale und nationale Regeln, die für einen fairen Ablauf bei Wettkämpfen sorgen.
Die IOF (International Orienteering Federation) legt auf internationaler Ebene für jede Form des Orientierungssports Wettkampfregeln fest:
- Wettkampfregeln für Orientierungslauf
- Wettkampfregeln für Ski Orienteering
- Wettkampfregeln für Mountainbike Orienteering
Die Wettkampfordnung des ÖFOL (Österreichischer Fachverband für Orientierungslauf) basiert auf den internationalen Regeln und spezifiert diese weiter:
Kartennormen
Orientierungslaufkarten werden nach bestimmten Normen gezeichnet. Diese Normen definieren Farben, Symbolgrößen, Mindestabstände und viel mehr. Für Sprint-OL-Karten gibt es eine eigene Norm.
- International Specification for Orienteering Maps (ISOM)
- International Specification for Sprint Orienteering Maps (ISSprOM)
Da Karten für Ski Orienteering und Mountainbike Orienteering teilweise andere Signaturen verwenden, gibt es dafür auch eigene Normen:
- International Specification for Ski Orienteering Maps (ISSkiOM)
- International Specification for MTB Orienteering Maps (ISMTBOM)
Neben den Karten sind auch die Postenbeschreibungen standardisiert:
Spitzensport
Bei den Weltmeisterschaften messen sich die besten AthletInnen der Welt in verschiedenen Disziplinen. Dabei hat jede Form des Orientierungssports ihre eigene Weltmeisterschaft:
Fuß-Orientierungslauf
World Orienteering Championships (WOC)
Ski Orienteering
World Ski Orienteering Championships (WSOC)
Mountainbike Orienteering
World MTB Orienteering Championships (WMTBOC)
Für Jugendliche, Junioren und Senioren gibt es teilweise eigene Meisterschaften, wie zum Beispiel:
- Junior World Orienteering Championships (JWOC)
- World Masters Orienteering Championships (WMOC)
- World Masters Ski Orienteering Championships (WMSOC)
- Junior World MTB Orienteering Championships (JWMTBOC)
- World Masters MTB Orienteering Championships (WMMTBOC)
Weitere internationale Bewerbe umfassen:
- World Cup (WC)
- European Orienteering Championships (EOC)
- European Youth Orienteering Championships (EYOC)
- European Ski Orienteering Championships (ESOC)
- European Youth Ski Orienteering Championships (EYSOC)
- European MTBO Championships (EMTBOC)
Parallel dazu wird eine Weltrangliste (World Ranking) geführt. Bei den jährlich weltweit über 200 stattfindenden World Ranking Events besteht die Möglichkeit, Punkte für die Weltrangliste zu sammeln, wobei die besten 5 Ergebnisse der vergangenen 12 Monate in die Wertung genommen werden.